Zur Abschlussprüfung meiner Ausbildung als Kräuterpädagogin bekam ich unter anderem die Aufgabe, bei einer Wanderung relativ spontan eine Pflanze vorzustellen. Was hab ich mich gefreut, als ich die Hagebutte aus dem Lostopf zog! Keine andere Frucht unterschätzte ich in der Vergangenheit dermaßen – und keine zweite erfreut mich so nachhaltig, seit ich begonnen habe, mich mit ihr zu beschäftigen. Lasst mich euch zeigen, was die kleine Rote alles kann.
Die Hagebutte enthält Fruchtsäuren, Gerb- und Mineralstoffe, Pektine, ätherisches Öl und sonst noch allerhand tolle Sachen. Eine so lange Liste an Vitaminen zum Beispiel, dass es schon mehr nach Alphabet, denn nach Inhaltsstoffen klingt. Wer kennt denn schon Vitamine K und P? Vitamin C, A, B1 und B2 als alte Bekannte sind sowieso mit drin. Und das in rauen Mengen: 100 g Hagebutten enthalten nämlich ganze 800 mg Vitamin C. Das ist der höchste Wert unter heimischen Pflanzen. Einzig der Sanddorn kann da mit, der hat annähernd gleich viel.
Besonderes Plus: Während der Vitamingehalt in Tees üblicherweise bei Lagerung rasch abnimmt, schafft die Hagebutte, diesen um einiges länger zu erhalten. Kalt ansetzen – gerne auch schon am Vorabend – das Wasser bis zum Sieden erhitzen, aber nicht kochen, 10 Minuten ziehen lassen. So profitiert man von diesem hochkarätigen Mehrwert auch noch beim Trinkgenuss. Der Hagebuttentee schmeckt übrigens nicht so intensiv fruchtig wie die meisten Früchtetees, die ich persönlich nämlich nicht besonders mag. Somit ist er eine ideale Alternative zu Kräutertees, ohne das fast pelzige Gefühl nach zu intensiven Aromen zu hinterlassen.
Das Beste daran ist, dass dieses Superfood direkt vor unserer Haustüre wächst. Und zwar wirklich sehr häufig. Im Gegensatz zu getrockneten exotischen Gojibeeren und trendigen Acai-Bowls mit Zutaten aus fernen Ländern sind Hagebutten regional ganz einfach verfügbar.
Die Frucht, die streng genommen keine ist, stammt von der Hecken- oder Hundsrose. Botanisch gesehen ist sie eine Scheinfrucht, da sie sich aus dem Blütenboden entwickelt.
In ihrem Inneren befinden sich die eigentlichen Früchte, die Kerne. Und die bringen uns auch schon weiter zum nächsten wichtigen Thema:
Hagebutten sind vor dem ersten Frost geerntet sehr hart. Außerdem enthält jede Hagebutte eine Vielzahl an Kernen und kleinen Härchen. Letztere dienen ganz Witzigen sogar als Juckpulver. Das will man logischerweise nicht in der Kehle haben, sollte also für eine aromatische Marmelade entfernt werden. Doch das kann sich durchaus als Herausforderung darstellen. Wenn die Hagebutten noch nicht weich sind, empfiehlt sich Einfrieren vorab, genau wie bei den Mispeln. Selbst danach sollte man ein wenig Zeit vorm abendlichen Fernseher einplanen, um nebenher gemütlich zu entkernen.
Ich hab mich dieses Jahr allerdings für eine viel bequemere Variante entschieden: das Zerkleinern vorab und anschließendes Trocknen.
Die teils von Natur aus schon weichen, teils aber noch sehr knackigen Hagebutten zerkleinerte ich grob mit der Küchenmaschine. Schließlich trocknete ich sie auf Backblechen in der Restwärme des Rohrs und drehte mehrmals wieder auf max. 40°C bei Umluft auf. Mehr nicht, auf die Vitamine aufpassen! Im sodann erhaltenen Stadium eignen sich die Hagebutten super als Tee, wenn man sie in Teefilter gibt. Diese halten die feinen Haare im Zaum.
Für mich ging’s aber noch weiter: Ich wollte feinsten Hagebuttenzucker herstellen. Dieser hält wunderbar und kann in jedem bereits ein wenig abgekühlten Tee sowie im morgendlichen warmen Frühstück oder in der Mehlspeise eine ordentliche Portion Vitamine für die kalte Jahreszeit liefern.
500 g Hagebutten
300 g Rohrohrzucker
Nach der ersten Zerkleinerungsrunde:
Und nach dem zweiten Mal Zerkleinern:
Die Kerne werden ebenfalls in Gläsern aufbewahrt und als Kernlestee verwendet: 1 TL Hagebuttenkerne in 250 ml Wasser 5-10 Min. kochen oder ebenfalls wie oben beschrieben kalt ansetzen. Der Tee hilft beim Entgiften, ist gut für die Leber und steinlösend sowie wassertreibend. Schmeckt lecker vanillig.
Im Sinne des Zero-Waste-Prinzips kam nach der Herstellung des Hagebuttenzuckers das Auswaschen des Mixtopfs nicht in Frage. Zu schade wäre um die mühevoll gesammelten und verarbeiteten Hagebutten, deren Rückstände den Zucker so schön rosig färben. Also zauberte ich kurzerhand aus dem übrigen Hagebuttenzucker einen leckeren Kuchen.
170 g Butter, weich in Stücken
Paniermehl zum Ausstreuen
190 g Zucker
1/2 Vanilleschote
3 Eier
200g Cashewmilch (oder sonstige Nussmilch)
350 g Mehl
3 TL Backpulver
Ja und weil der Schokoguss beim Schmelzen wiederum Rückstände im Kochtopf hinterlässt uuuuund noch etwas Cashewmilch da war, die weg musste, gab es daraus noch eine heiße Schokolade.
Zero Waste wird mich fett machen!!!
Wer noch mehr über Hagebuttenzucker & Co. wissen möchte, schlägt am besten im tollen Nachschlagewerk „Die Kräuter in meinem Garten“ von Sigrid Hirsch und Felix Grünberger aus dem Freya Verlag* nach. Einige Informationen dieses Beitrags stammen von dort.
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Find den Artikel sehr gelungen. Bin selber Kräuterfachfrau und immer am Lernen und Schauen, was ich noch nicht weiß. Man lernt in diesem Bereich ja nie aus 😉
Wieder was dazu gelernt 🙂 Danke und liebe Grüße
Doro
Vielen Dank, liebe Doro! Das freut mich sehr, dass ich sogar einer Kräuterfachfrau noch ein paar Neuigkeiten erzählen kann :-)
Beste Grüße,
Carmen
super Beitrag über das „Männlein im Walde“…
Eine meiner Lieblingspflanzen-Blüten-Früchte… :-)
Das freut mich sehr – ich mag’s auch sooo gern, seit ich sie für mich entdeckt hab :-)
Genial Carmen,
nach dem Lesen deines Artikels muss man sofort selbst vor die eigene Haustür schauen, Hagebutten ernten und mit der Verarbeitung beginnen! Lust auf meeeehr….
Liebe Grüße!!!
Vielen Dank, liebe Luzia!
Dann nix wie raus, bevor sie weg ganz sind :-)
Liebe Carmen,
vielen Dank für diese tolle Anregung. Wer hätte gedacht, dass die kleine Hagebutte so viele Vitamine enthält. Da möchte man sofort die Schuhe schnüren und sich auf die Suche machen nach den heimischen Köstlichkeiten.
Viele Grüße aus Ye Olde Kitchen, Eva und Philipp
Hallo ihr beiden :-)
Freut mich sehr, wenn ich euch damit was Neues erzählen und heimische Pflanzen schmackhaft machen kann. Frohes Ernten, aber besser nicht mehr zu lange warten!
Liebe Grüße,
Carmen
Liebe Carmen,
ein ganz wunderbarer Beitrag! Und Deine Bilder sind echt spitze! Hagebutten haben sogar mehr Vitamin C als Zitronen. Das man darauf aber auch Zucker machen kann, war mir neu :) Vielleicht magst Du auch mal einen Blick in meinen Superfood Ratgeber werfen und mir Feedback geben?: https://www.bach-blueten-portal.de/bachblueten-blog/superfood-der-gesunde-superfood-ratgeber/ würde mich freuen!
LG
Nicole
Liebe Nicole!
Vielen Dank für deine Rückmeldung, freut mich sehr :-)
Ja, klar auch mehr Vitamin C als Zitronen – aber das ist ja nicht schwer, darum finden die gar keine großartige Erwähnung ;-)
Hab grad mal drübergeschaut, sieht sehr interessant aus, und vor allem halt auch lang und umfangreich, da fehlt mir allerdings leider grad die Zeit! Aber die genannten Superfoods find ich schon mal spitze, vor allem auch sowas wie Maroni <3 Danke jedenfalls für den Hinweis!
Liebe Grüße,
Carmen
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