Schnell! Raus! Pflückt noch Wipferl, bevor es zu spät ist! Nicht mehr lange, dann dunkeln die hellgrünen Triebe der Nadelbäume nach und werden fester. Doch zuvor lockt noch die Gelegenheit, ihren intensiven Geschmack sowie die nützlichen Wirkstoffe in einem kleiiiinen bisschen Zucker einzufangen.
Er hat viele Namen. Aber es ist ihm egal, wie man zu ihm sagt. Hauptsache, man weiß ihn zu schätzen. Denn Fichten- und Tannenwipfel beinhalten eine Menge guter Wirkstoffe, die positiv auf Lunge und Bronchien einwirken. Ist ein Husten im Anmarsch, bringt Wipferlsirup durch seine Konsistenz die erhoffte Beruhigung. Außerdem hilft er, den Schleim zu lösen und das Abhusten zu erleichtern.
Nun scheiden sich die Geister, welche Wipferl die mit der größtmöglichen Wirkung sind. Fichte oder Tanne? Kinder, ich sage euch: Nehmt die, die euch zur Verfügung stehen! Denn dass sie uns alle auf eine ähnliche Art und Weise gut tun, ist erwiesen. Ich hab Fichtenwipfel verwendet, da in unserem Garten jede Menge Fichten gedeihen. Da muss ich mich weder darum sorgen, welche Umwelteinflüsse auf die Pflanze eingewirkt haben, bis ich daherkomme, um sie zu konservieren. Noch zweifle ich daran, zu viel abzuernten und dann vom Eigentümer gerügt zu werden. Hierbei sollte man übrigens schon gewissenhaft sein und Vorsicht walten lassen: Einem kleinen Nadelbaum übermäßig viele Triebe zu stibitzen tut ihm natürlich nicht allzu gut. Aber bei ein paar Handvoll von verschiedenen Ästen gepflückten Wipferl müssen euch jedenfalls keine Gewissensbisse den Schlaf rauben.
Und auch hier gibt es wieder kleine Ungereimtheiten in der Verwendung der einzelnen Begriffe. Manche nennen Wipferlsirup wirklich nur solchen, den sie mit Wasser aus den Nadeln auskochen und wie Blütensirupe (z. B. Veilchensirup) mit Zucker ansetzen. Dann gibt es den Wipferlhonig, bei dem man Wipferl in echten Bienenhonig gibt. Und hier ist der Wipferlsirup, von dem ich euch heute erzähle:
In zwei Halbliter-Gurkengläser schichtet man abwechselnd Zucker und Fichtenwipfel, beginnend mit einer Zuckerschicht. Danach folgen die Wipferl, etwa zwei Fingerbreit. Sie sollen festgedrückt und immer etwas höher als der Zucker aufgeschichtet werden. Die Wipferl verlieren nämlich stark an Masse, sobald sie ein paar Tage im Zucker weilen. Deshalb also ruhig großzügig sein. Den Abschluss bildet wieder eine Schicht Zucker, bis das Glas randvoll ist.
Deckel druff – und fertig!
Achso, nicht ganz. Denn ab sofort heißt es ein halbes Jahr warten. Im Idealfall, hat man zumindest früher gesagt. Man darf den Wipferlsirup aber ruhig schon eher verwenden. Grundsätzlich fertig ist er nämlich, sobald sich der Zucker vollkommen aufgelöst und verflüssigt hat. Er bekommt dann eine bräunliche Farbe, weswegen man die entstehende zähe Masse auch Wipferlhonig nennt. Die Nadeln seiht man ab oder fischt sie heraus.
Am schnellsten geht dieser Prozess natürlich auf einer warmen Fensterbank vonstatten. Weil es aber zahlreiche Überlieferungen gibt, die besagen, dass man das beste Ergebnis erhält, wenn man die Masse dunkel und bei möglichst gleichbleibenden Temperaturen aufbewahrt, hab ich ein Glas kurzerhand eingegraben.
Meine liebe Kollegin Astrid aus der Kräuterpädagogik-Ausbildung hat uns beim letzten Kurs einen derart gereiften Wipferlhonig probieren lassen… mmmhhm!!! Er schmeckt wirklich unglaublich. Ich hab doch tatsächlich gedacht, sie hat die Wipferl in Honig eingelegt, aber nein – es war der gereifte Zucker.
Während also ein Glas zu Versuchszwecken auf der Fensterbank wartet, rastet das zweite stilecht unter der Fichtenmutter in etwa 30 cm Tiefe auf seine Wiederauferstehung Mitte November:
Seit vielen Jahren wird der Wipferlsirup als Hustenmedizin eingesetzt. Aber ich sag euch, dass ehrlich schade darum ist, bis zur nächsten Erkältung auf den Einsatz des Hausmittels zu warten. Stefan Lenz, Koch des Jahres 2015, mit dem ich kürzlich beim Kräuterkochen in Kitzbühel sein durfte, verwendet das edle Elixier sogar in der Haubenküche. Kann ich mir supergut vorstellen, damit Süßspeisen zu verfeinern. Beispielsweise selbstgemachtes Vanilleeis mit Fichtensirup beträufelt und eventuell noch eine frische, warme Waffel dazu… Hach, habenwollen, sofort!
Ich freu mich, wenn ihr mir vielleicht dann in geraumer Zeit eure Erfahrungsberichte und Rezeptideen zukommen lasst. Und jetzt nix wie raus, der Wald wächst und wartet nicht auf euch! ;-)
Ihr wollt am Laufenden bleiben?
E-Mail-Info bei jedem neuen Beitrag
© goodblog.at • 2017 • All rights reserved.
oh gott! Ich muss mich morgen unbedingt um ein schönes Glas Wipferlsirup kümmern!
Danke für die Ideehee :)
Hehe, bitte gerne! An einigen Stellen geht’s ja noch – ich drück dir die Daumen :-)
Pingback: Wild werden: Heulandaise à la Haubenkoch | goodblog – So viel Gutes!
Pingback: Wild werden: Pechsalbe selbermachen | goodblog – So viel Gutes!
Pingback: Wild werden: Hausmittel gegen Husten | goodblog – So viel Gutes!
Hallo! Hast du nun schon einen Vergleich, welcher Sirup besser geworden ist? :) Danke und Liebe Grüße, Sabrina
Um Himmels Willen, ja, ich hab ja das Update gar nimmer veröffentlicht – danke für die Erinnerung! Das werd ich aus aktuellem Anlass demnächst nachholen. Natürlich hab ich mittlerweile einen Vergleichswert: Ich find den eingegrabenen Sirup viel milder vom Aroma her. Ich werd’s heuer wieder so machen. Auch, weil’s irgendwie lustig ist, den dann später wieder zu suchen und auszugraben, hehe.
Planst du auch welchen anzusetzen?
Liebe Grüße,
Carmen
Hallo! Danke! Ja ich möchte auch welchen ansetzen. Mangels eigenem Garten müsste ich dann aber Guerilla- Vergraben. Sicher spannend für die Kinder ^_^ Aber ich möchte beide Methoden probieren, einfach zum Vergleich :)
Hahaha das stell ich mir super vor – in einer Nacht- und Nebelaktion ein Wipferlglas vergraben :-D
Ich denk mir ja auch immer, wenn ich mal eins vergiss, wundert sich die Nachwelt. Bei Ausgrabungen oder sowas in der Art halt ;-)
Pingback: Wipferlsirup vergraben oder in die Sonne stellen? | goodblog – So viel Gutes!
Pingback: Almkräuter vor die Linse, bitte!* | goodblog – So viel Gutes!
Pingback: Fichte & Tanne: Mehr als bloß Weihnachtbaum | goodblog – So viel Gutes!