Diese Vitaminbomben und Nährstofflieferanten brachten schon unsere Großeltern gut durch die kalte Jahreszeit. Kennt ihr die alten Sorten noch?
Für meine Schwiegermutter und meine Oma ist das selbstverständlich: Kochen mit Quitten. Meine Generation kennt das Obst, das aussieht wie eine Kreuzung aus Apfel und Birne, aber eher aus Hipster-Kreisen. Kurzzeitig trank man den Quitten-Spritzer in angesagten Lokalen; auf Märkten, selbst in der Großstadt, bekommt man sie wieder zu kaufen. Was aber verhilft der gelben Frucht zu ihrer Renaissance?
Ich meine: Es ist wohl der zart-säuerliche, sehr aromatische Geschmack. Die zwingend erforderliche Verarbeitung macht den Reiz bestimmt nicht aus. Aber es lohnt sich wirklich für den Genuss! Die Quitten muss man nämlich unbedingt verkochen, da sie sonst einfach zu hart sind. Außerdem ist diese alte Obstsorte sehr gesund. Vitamine und andere wichtige Nährstoffe stecken unter der rauen Schale so viele drin, dass selbst beim Garen noch welche erhalten bleiben.
Es gibt da aber noch eine Frucht, die man früher in Bauerngärten für selbstverständlich erachtet hat: die Mispel. Das Tolle an Mispeln ist, dass man sie auch zu dieser fortgeschrittenen Zeit des Jahres frisch vom Baum naschen kann. Sie strotzen ebenfalls vor Inhaltsstoffen, die uns nun besonders gut tun.
Der Erntezeitraum ist aber sehr kurz. Nach dem Frost, wenn sie schon weich sind, schmecken sie am besten. Sie verlieren durch die Kälte das Herbe und werden herrlich süß. Allerdings fallen die Früchte dann bald ab. Es empfiehlt sich, den Baum der Begierde ein wenig im Blick zu behalten und die Mispeln zum idealen Zeitpunkt direkt vor Ort auszusaugen. So irrt einen die ledrige Haut kaum; die fünf Kerne einfach ausspucken.
Quitten zeigen ihre Erntereife dadurch an, dass die ersten Früchte vom Baum abfallen. Diese kann man genauso verwenden wie diejenigen, die man noch pflücken muss. Bei den Mispeln ist das ein wenig anders: Abgefallene Früchte taugen nicht mehr, zu früh sind sie zu hart zum Verarbeiten und etwas zu herb im Geschmack. Ungeduldige wissen sich zu helfen: Wenn die Mispeln noch keinem Frost oder anhaltend kalten Nächten ausgesetzt waren, tut man gut daran, die Früchte vor der Weiterverarbeitung oder dem Genuss einzufrieren. Am besten über Nacht – oder auch ein paar Tage.
Die Mispeln können nach dem Auftauen entweder gleich verzehrt oder nun viel einfacher zu Marmelade, Saft oder Gelee gemacht werden, weil sie durchs Einfrieren weich werden. Idealer ist es natürlich, die Früchte so lange auf der Staude zu belassen, bis der Reifegrad passt.
So leicht lassen sich Mispeln zusammendrücken, wenn sie genau richtig essreif sind:
Ihr müsst wissen, dass all meine Handlungsempfehlungen den Weg des geringsten Widerstands gehen. Ich verarbeite, was verarbeitet und konserviert werden muss – aber nicht, weil ich damit Unmengen an Zeit verbringen möchte. Umso mehr freut es mich, dass Mispeln tatsächlich bevorzugt roh genossen werden. Nichts desto trotz wagte ich mich an einen Versuch, auch diese alte Sorte wintertauglich zu machen.
Vielerorts liest man vom Quittengelee oder -marmelade, an anderer Stelle vom Gelee oder Marmelade aus Mispeln. Diese beiden Sorten sind zu ähnlichen Zeiten erntereif, haben ursprünglich jeweils herb-säuerlichen Geschmack, stammen beide aus der Familie der Rosengewächse und wachsen oft noch in der Nähe. Warum also nicht eine Kombination aus Quitten und Mispeln versuchen?
Wenn sie schon so lieb nebeneinander gedeihen:
Vorne in Gelb ist der Mispelbaum, im Hintergrund die Quitte.
Gesagt, getan – Quitten und Mispeln werden also zusammen verkocht. Und so entsteht dieses säuerlich-ursprüngliche Juwel aus alten Zeiten, das unseren Vorfahren schon als winterlicher Vitaminspender gedient hat:
1,5 kg Quitten
500 g Mispeln
1 halbe Vanilleschote
220 g Rohrohrzucker
Saft zweier Mandarinen
Durch das in beiden Früchten in großen Mengen enthaltene Pektin geliert die Marmelade von selbst. Außerdem trägt die ebenfalls in Mispeln wie Quitten enthaltene Gerbsäure zu einer längeren Haltbarkeit des Produkts bei.
Der Geschmack ist sehr, sehr fein – ich freue mich schon sehr auf die Verwendung des Fruchtaufstrichs im morgendlichen Joghurt oder Porridge. Lediglich von der Zubereitung ohne Flotte Lotte rate ich dringend ab. Durch das Sieb bringt man einfach nicht genügend Fruchtmaterial. Für eine Mispel-Note reicht es aber zum Glück. Man kann (und ich werde) die Mispeln aber vermutlich in Zukunft wieder unverarbeitet zu mir nehmen.
Der Genuss als fruchtiger Brotaufstrich, der uns Vitamine für den Winter bringt, ist nicht der einzige Einsatzbereich für die gelben Quitten. Ganz im Sinne der Zero-Waste-Bewegung können auch die Kerne verwendet werden. Beim Einkochen sollte das Kerngehäuse also nicht gleich entsorgt werden. Die kleinen, braunen Samen, optisch denjenigen von Äpfeln zum Verwechseln ähnlich, haben nämlich eine tolle Funktion bei Erkältungskrankheiten: Sie sondern eine schleimige Substanz ab, die sich bei Hustenreiz oder Heiserkeit mildernd auswirkt. Bei akuten bronchialen Erkrankungen, aber auch Magen- und Darmentzündungen kann ein Teelöffel getrockneter Kerne in einer Tasse mit lauwarmem Wasser übergossen und die Flüssigkeit über den Tag getrunken werden, sobald sie schleimig geworden ist. Um einen kleinen Teelöffel an Kernen zu erhalten, sind allerdings schon eine ganze Menge Quitten nötig.
Meine Ausbeute beträgt rund drei ganze Teelöffelchen und stammt aus etwa zwei Kilogramm mittelgroßen Quitten:
Dafür hat man ja dann auch bestimmt den ganzen Winter genug davon. Am besten selbst ausprobieren – die Kerne werden tatsächlich sofort schleimig, wenn sie wie ein Zuckerl im Mund behalten werden. Nach einigen Minuten einfach ausspucken!
Auch Mispeln, die man in einigen Teilen Österreichs übrigens Asperl nennt, werden gern noch anderweitig verwendet. Im traditionellen Kletzenbrot kommen nämlich ab und zu getrocknete Mispeln anstelle der der Birnen vor.
Nächste Woche gibt es bei Wild werden ein weiteres Portrait einer Pflanze, die nun geerntet werden will: die Hagebutte. Ein weiterer Schritt, um endlich richtig wild zu werden :-)
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Ehrlich gesagt mag ich Quitten gar nicht, Mispeln hab ich noch nie probiert, würden mich aber schon eher anlachen, obwohl hübsch was anderes ist ;-) Das mit den Quittenkernzuckerln find ich super – werd gleich mal meine türkischen Kollegas anhauen, die konumieren die eh in Hülle und Fülle. glg Uli
Eeeecht, das gibt’s, dass man Quitten nicht mag? Also mein Aufstrich schmeckt tatsächlich wie Apfelmus zum Schmieren. Würd dich gern mal probieren lassen, wenn du nicht so weit weg wärst!
Für die Quittenkern-Hustenzuckerl hab ich übrigens noch einen Tipp von der Schwiegermama: Kerngehäuse einfach ein bissi herumliegen lassen, bis es ein wenig trocknet und die Kerne drinnen scheppern. Dann gehen sie leichter raus. Ist frisch nämlich eine Fuzzlerei.
Glg Carmen
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