Letzte Woche habe ich euch den Ursprung unseres Räucher-Brauchtums nähergebracht. Wisst ihr, wie unglaublich vielefältige heimische Alternativen wir zum gekauften Weihrauch haben? Mit den richtigen Tipps & Tricks räuchert ihr euer Heim regional und kostengünstig.
Jetzt geht es endgültig ans Umsetzen, denn vielerorts wird zumindest in der Heiligen Nacht geräuchert. Fürs Räuchern zu Weihnachten kommt oft schlicht ein wenig Weihrauch in frische Glut. Doch so wohl dieser manchmal tut, so unnötig ist es eigentlich, uns der importierten Substanz zu bedienen. Direkt vor der Haustüre finden wir alles, was wir zum Räuchern benötigen.
Grundsätzlich lässt sich so gut wie alles sinnvoll in Rauch umwandeln, was bei uns wächst. Holz, Harz, Wurzelwerk, ganze Kräuter oder Blüten und sogar Früchte können uns mit ihrer jeweiligen Wirkung und unterschiedlichsten Düften erfreuen.
Wer denkt, alles Verbrennende riecht gleich, also eben nach Rauch, hat sich gewaltig getäuscht. Fangt doch heuer gleich mal damit an und verwendet euren Adventkranz weiter. Tannenzweige beleben, stärken und gelten als Heilmittel bei Arthritis und Rheuma. Zum Vergleich könnten dann Wurzeln herangezogen werden, beispielsweise Alant. Der süßliche, wärmende Duft verheißt bereits seine antidepressive Wirkung. Außerdem ist er schleimlösend und lindert Schmerzen im Verdauungsbereich.
Oder Wacholder: Er schützt so umfassend und hält krankmachende Einflüsse fern, dass er sogar in manchen Spitälern zum Ausräuchern zugelassen ist. Verwenden kann man auch seine Beeren, die wiederum viel süßer anmuten als die Triebspitzen, welche wiederum ganz anders riechen als sein Holz und Harz.
Räuchermaterial lässt sich ganz einfach selbst herstellen: Pflanze trocknen, fertig. Man kann frisches Material ebenso verräuchern, das funktioniert meistens nur nicht so einfach. Das optimalerweise getrocknete und in Gläsern aufbewahrte Räucherwerk wird direkt vor dem Räuchern zerkleinert – falls es nicht bereits zuvor zu Räucherbündeln zusammengefasst wurde.
Die Bestandteile können einzeln oder als Mischung verwendet werden. Selbst alter Tee lässt sich auf diese Art hervorragend weiternutzen.
Sämtliche Räucherregeln sind bloß als Anregungen zu verstehen. Am wichtigsten ist es, auf das eigene Gefühl zu hören. Dazu gehört, auch mal pragmatisch zu sein: An vielen Stellen rät man, unten im Haus mit dem Räuchern zu beginnen und sich dem Rauch entsprechend nach oben fortzubewegen. Ist aber im höher gelegenen Wohnzimmer gerade das Christkind mit Vorbereitungen beschäftigt, bietet sich selbstverständlich eher die umgekehrte Reihenfolge an. Der Grundsatz soll immer sein, dass es für die eigene Familie und deren Gewohnheiten passen muss.
Nichts desto trotz gibt es Anhaltspunkte, die für ein zufriedenstellendes Ergebnis hilfreich sind. Ein wichtiger Tipp ist es, das Räuchern zuerst im Freien auszuprobieren. Es entsteht Feinstaub, der bei empfindlichen Menschen allergische oder asthmatische Reaktionen auslösen kann. Probiert man unbekannte Kräuter aus, macht man das ebenso idealerweise draußen oder bei geöffnetem Fenster. Beim Lüften scheiden sich übrigens die Geister: Manche schwören darauf, bereits während des Räuchervorgangs die Fenster offen zu halten, damit alles Unliebsame mit dem Rauch hinausziehen kann. Andere mögen es, sich mit den geballten Wirkstoffen ordentlich einzunebeln und erst danach zu kippen. Halten Sie es so, wie es Ihnen beliebt.
Unseren Vorfahren gefiel es meist sehr praktisch: In einen großen Topf kam zuerst etwas Sand, damit das Gefäß nicht zerspringt, darauf die heiße Kohle direkt aus dem Ofen. Auf ihr wird das Räucherwerk schlussendlich platziert. Die Unterlage aus Stein benötigt man nicht, wenn eine Räucherpfanne mit Stiel verwendet wird. Für das Räucherbündel kommt man auch ohne aus, da dieses nur in dem Behältnis ausgedämpft wird. Wissenswert: Klassische Stövchen mit Räuchersieb zählen eigentlich gar nicht als Räucherutensilien, da mit ihnen lediglich das Beduften möglich ist.
Wer keinen Tischherd oder Ofen hat, aus dem er Glut entnehmen kann, bedient sich bequem einer speziellen Räucherkohle. Diese erhitzt aber noch viel stärker, darf also ruhig ein wenig glosen, bevor das wertvolle Räuchergut darauf gelegt wird. Pflanzenmaterial schwärzt bei derartiger Temperatur schnell, sollte sodann einfach zur Seite geschoben und durch neues ergänzt werden.
Die weitaus regionalere Methode stellt allerdings die Verwendung von Zunder statt Kohle dar. Der Zunderschwamm wächst an heimischen Bäumen. Er wird in portionsgerechte Teile geschnitten, getrocknet und dient dann genauso als perfektes Trägermedium.
Alle diese Wege führen zum gleichen Ziel. Wer räuchert, nimmt sich Zeit. Für ein Ritual, für eine intensive Sinneserfahrung, für sich.
Im Räucherbuch der Kräuterpädagogin Hannelore Kleiß findet sich das Lied „Rauhnacht“ von Christine und Frajo Köhle. Genau in der Zeit zwischen den Jahren, in der wir uns momentan befinden, laden die Zeilen zum Reflektieren ein:
Rauhnacht
[1. Strophe] Die Nächte sein lang, die Tage wern z’weng. Im Gmiat weards oft finster, in der Seel manchmal eng. Die Zeit steht fast still, woaß i echt, was i will? Es Jahr geht zu End, hun i mi scho wieder verrennt?
Was wollt i nit no alles tian und schaf und iatzt hun i des Gfühl, bin im Kreis umma glaffn. Sitz di nieder, gib a Ruah, horch dir selber amol zua, hol di einfach wieder ein, des Leben soll di ja gfrein! Zünd de Kohln an, lass’s gliahn, lass dei Seel damit giahn. Tua sie reinign mit n Rauch, isch a uralter Brauch.
[2. Strophe] Friaha ham se sich gfircht‘ vor de Perchten und de G’stalten. Heut belächelt ma oft den Glauben von de Alten. Die Ängste und Sorgen ham heut a anderes G’sicht. Aber mir ham verloren, dass ma darüber spricht.
Verstehen wir die Raunächte als Einladung, Revue passieren und Ruhe einkehren zu lassen. In diesem Sinne wünsche ich eine Frohe Weihnacht und ein wundervolles, besinnliches Räuchern!
Lest auch den ersten Teil der Serie zum Räuchern: Räuchern in den Raunächten – Wozu?
Räuchern zu Heiligen Zeiten von Hannelore Kleiß
Die Kräuterpädagogin Hannelore Kleiß trägt dazu bei, traditionelle heimische Räucherpflanzen zu entdecken und die uralte Kultur des Räucherns wiederzubeleben. Sie verknüpft Kräuterwissen mit Jahreskreisfesten und christlichem Brauchtum. Selbst ohne religiösem Hintergrund kann dieses Buch als Standardwerk dienen, sind doch die meisten österreichischen Feste und Feiertage ohnehin kirchlich verwurzelt. So lernt man nebenbei auch die eigene Kultur besser kennen.
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