Da haben wir den Salat. Jetzt wagt einer, zwischen Schwarzmalerei und Hetztiraden in sämtliche Richtungen das Gute im Menschen zu sehen und stellt den arbeitssuchenden Miroslav kurzerhand in der eigenen Firma ein. Und erzählt davon per Facebook auf seiner Firmenseite, was doch glatt die mediale Aufmerksamkeit auf sich zieht. Obwohl das nun wirklich ausschließlich gute Nachrichten im Sinne goodblogs sind, so ganz ohne reißerische Nachrichtenfaktoren. Und was passiert? Herbert Hartl von der gleichnamigen Tischlerei Hartl in Unterweitersdorf sieht sich mit Unmengen kritischer Rückmeldungen konfrontiert, die ihm ausschließliches Marketinginteresse und knallharten Geschäftssinn unterstellen.
Als wäre das so schlimm, könnte man jetzt sagen. Der 31-jährige Unternehmer muss wohl danach trachten, dass die Firma am Laufen bleibt, immerhin betreibt er seine Tischlerei seit 2004 und hat mittlerweile siebzehn Mitarbeiter. Und seit dem jüngsten Vorfall ist es noch einer mehr, der am Ende des Monats seinen Lohn auf dem Konto haben möchte. Sollten wir dann nicht denjenigen das Geschäft vergönnt sein, die Gutes vollbringen – nicht nur als Produkt oder Dienstleistung, sondern auch zwischenmenschlich? Aber nein, der aufgewühlte Internet-Mob gibt sich nicht damit zufrieden, per Kommentarfunktion unter den Nachrichtenartikeln Politik zu betreiben, sondern sieht sich auch gerne als über alles erhabene moralische Instanz. Und in dieser Rolle kommt man als wohlerzogener Bilderbuchösterreicher wohl nicht umher, nun mit erhobenem Zeigefinger zu rufen: „Selbstlob stinkt! Das darf man nicht!“ Und vergisst vor lauter ärgern ganz, sich über den Kern der Geschichte zu freuen.
Denn eigentlich ist es eine sehr, sehr gute Geschichte. Ein obdachloser Arbeitssuchender fragt den Tischler in gebrochenem Deutsch nach einer Mitfahrgelegenheit. Er bekommt viel mehr als das: ein Quartier im Hotel – und eine Arbeitsstelle. Ohne viel über Miroslav Sova zu wissen, gibt ihm Hartl eine Chance. Der Firmenchef wird nicht enttäuscht, ist mit der Arbeitskraft seines neuen Hilfsarbeiters zufrieden und beschließt, das auf dem Facebook-Account der Tischlerei Hartl kundzutun. Herbert Hartl wartet nicht, ob ihn zufällig mal jemand nach seinem Akt der Zuversicht fragt, sondern erzählt davon, wie man handeln kann. In der heutigen Zeit haben wir glücklicherweise die Mittel, das selbst in die Hand zu nehmen. Natürlich bringt ihm und seiner Tischlerei das eine Menge Publicity. Fast 214.000 Likes für den Beitrag zeugen von großer Anerkennung. Und das ist auch gut so! Der Handwerker geht mit gutem Beispiel voran und möchte vielleicht auch andere dazu animieren, das Gute in seinen Mitmenschen zu sehen und Vertrauen zu schenken. Er stellt nicht sich selbst dar, sondern seine Handlung. Und das ist sehr wohl etwas, das man vor den Vorhang holen darf. „Awareness“ bezeichnet man das im Fachjargon, wie auch ein Kommentator unter dem Bild auf der Life-Radio-Facebookseite den missgünstigen Postern erklärt. „Der Öffentlichkeit zeigen, dass es auch anders geht und eine Bewusstseinsbildung anstreben. Außerdem ist ein gewisses Gegengewicht gegen die ewige Negativpresse bzgl. Flüchtlinge auch nicht schlecht,“ so Martin Leitner. Findet goodblog auch!
Außerdem gut: Wir haben dank der Geschichte von Tischlerei Hartl ein neues Wort gelernt. Es gibt offenbar nicht nur Shitstorms, sondern auch einen Candystorm :-)
Siehe auch:
derStandard.at
diePresse.com
Tischlerei Hartl
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