Der kalte Winter ist absolut kein hoffnungsloser, trister Jahresabschnitt. Während Frost und Schneedecke den Boden von außen versiegeln, tut sich unter dieser Schutzschicht so einiges. Dass die Wurzeln der Bäume beispielsweise auf Hochtouren arbeiten, erkennt man bei einem Spaziergang am Waldrand: Ist euch schon mal aufgefallen, dass dort, unter den Bäumen, kaum Schnee liegt? Das kommt nicht bloß daher, weil keine Flocken hingefallen wären, denn der Wind würde dafür schon sorgen. Vielmehr erwärmt die Aktivität des Wurzelstocks die Erde.
Eine kleine Pflanze, die hartnäckig genug ist, um sich stellenweise sogar durch die Schneedecke hindurchzudrängen, ist die Vogelmiere. Genau dieses Durchsetzungsvermögen hat bereits so manchem Gärtner den letzten Nerv geraubt. Die Vogelmiere ist in unseren Breiten nämlich mindestens so bekannt als wucherndes Unkraut, denn als wertvolle Powerpflanze.
Des einen Freud, des andern Leid, wie es so schön heißt: Fast jeder Hobbygärtner kennt die kleine, zarte Pflanze zumindest vom Sehen. Wenn ein Beet angelegt ist, dauert es meist nicht lange, bis auch sie sich blicken lässt. Hier kuschelt sie etwas mit etwas Vogerlsalat:
Ich kann von den Erfahrungen meiner Mutter berichten: Jahrelang plagte sie sich, das Kraut loszuwerden – bis eines Tages die Tochter den Wunsch äußerte, doch im eigenen Garten mehr Vogelmiere auffinden zu wollen. Ich kann euch sagen, das Kopfschütteln war groß! Da entfernt man so gewissenhaft jeden Sprössling und dann kommt jemand daher, der das nicht zu schätzen weiß, ganz im Gegenteil sogar. Wir einigten uns auf den Kompromiss, dass sie nicht mehr über das Superfood Vogelmiere schimpft, ich im Gegenzug außerhalb des Zauns ernte. Denn die Vogelmiere wächst ohnehin sehr verbreitet. Beispielsweise gerne unter Obstbäumen, an Wegrändern und im Wald, aber auch auf Schuttplätzen, in Weinbergen und auf feuchten Böden ist sie häufig zu finden.
In einer Zeit, in der sonst nicht viel frisches Gemüse genossen werden kann, tut uns die Vogelmiere unglaublich gut. Als Wildgemüse, in Salaten, Aufstrichen oder als Smoothie sind die Einsatzmöglichkeiten vielseitig. Lediglich getrocknet macht das Wildkraut nicht viel Sinn, da man es ohnehin das ganze Jahr hindurch frisch ernten kann. Vitamine, Mineralstoffe, Saponine, Gerbstoffe und ätherisches Öl warten darauf, unseren Organismus zu verwöhnen. Momentan bekommen wir so wenige frische Nährstoffe, dass die Vogelmiere eine wahre Wohltat darstellt. Sie ist antiviral, heilend, wirkt schleimlösend und hustenstillend, was sie auch bei Erkältungen zu einem idealen natürlichen Hausmittel macht.
Bei Ekzemen und juckenden Ausschlägen leistet eine Salbe aus Vogelmiere extrem gute Dienste, vor allem bei Kindern. Generell wirkt die Vogelmiere positiv auf die Haut ein. Bringt eine Salbe nicht das gewünschte Ergebnis, sind auch Vogelmieren-Bäder oder tägliche Kompressen anzudenken. Diese bereitet man entweder aus der frischen Pflanze oder mit einem starken Absud zu.
Ich habe die Vogelmierschmier, wie ich sie liebevoll nenne, gleich in meinem Salbenöfchen ausprobiert:
Dafür lässt man die frisch geerntete Vogelmiere ein wenig antrocknen, damit die Feuchtigkeit entweichen kann. Dann wie die Pechsalbe mindestens einen Tag warm in etwa 100 ml Olivenöl ausziehen lassen, 10 g Bienenwachs zum Härten hineinschmelzen, abfüllen und fertig.
Hier ist das Superfood Vogelmiere als Vorbereitung für die Vogelmierschmier bereits leicht angetrocknet zu sehen:
Falls ihr euch fragt, warum anstelle eines heimischen Öls in derartigen Rezepten immer wieder von Olivenöl die Rede ist: für unsere Haut ist dieser wertvolle, kaltgepresste Rohstoff ideal, weil es von der Zusammensetzung her harmoniert. Dabei ist es zudem meist gut leistbar. Heimische vergleichbare Öle gibt es wohl, die Faktoren Preis und Haltbarkeit fallen aber zugunsten von Olivenöl aus.
Die Vogelmiere schmeckt aber auch hervorragend. Für Suppe kleingehackt mit angeschwitzter Butter, Zwiebel, etwas Mehl und Gemüsebrühe aufgießen, fünf Minuten kochen und die Vorboten des Frühlings genießen.
Ergänzt man übrigens Palatschinken- oder Brötchenteig mit Vogelmiere, bekommen diese eine grellgrüne Farbe. Im Gegensatz zum Spinat: Die damit gefärbten Lebensmittel erscheinen in einem weitaus dunkleren Grünton.
Das Ernten vom Superfood Vogelmiere klappt übrigens sehr unkompliziert. Zupft man an ihr, löst sie sich ganz locker aus der Erde.
Auch, wenn nichts zwickt und zwackt, sondern man sich nur etwas Gutes tun möchte, passt das Superfood perfekt. Für die frische Verarbeitung mache ich mir nicht die Mühe, die Wurzeln zu entfernen, gewissenhaft reinigen reicht. Genau wie bei Sprossen kann man die Wurzeln problemlos mitessen.
Dabei gilt übrigens wie bei den meisten Wildkräutern: Eine kleine Handvoll am Tag ist völlig ausreichend, bloß nicht übertreiben. Die geballte Ladung soll unseren Organismus ja auch nicht überfordern.
Ab und zu frisches Grün kann soooo lecker sein:
1 Handvoll frische Vogelmiere
1 reife, süße Birne
1/4 bis 1/2 Avocado
etwas Stangensellerie, falls vorrätig
1 Mandarine oder Orange
Saft einer halben Zitrone
1 Dattel zum Süßen
250 ml Wasser
ev. 1 TL hochwertiges Öl
Zutaten in Stücke schneiden und gemeinsam mit dem Wasser im Hochleistungsmixer oder Thermomix zum cremigen Smoothie mixen, fertig!
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Toller Bericht, danke. Zu deiner Salbe eine Frage: kann man auch Arganöl anstelle Olivenöl verwenden?
Liebe Beatrice,
mit Arganöl hab ich leider noch keine Erfahrungswerte. Wichtig ist, dass die Öle auch hitzebeständig sind, wenn du einen derartigen Warmauszug machst. Wär ja ewig schade, wenn die tollen ungesättigten Fettsäuren zerstört würden – auch wenn die Methode mit dem Salbenöfchen eine sehr milde ist. Kokosöl oder Mandelöl wären jedenfalls auch noch Alternativen, allerdings finde ich nach wie vor, dass Preis/Leistung beim Olivenöl einfach am Stimmigsten ist. Weil es uns vor allem so gut tut.
Ich freu mich, wenn du mich wissen lässt, wie es dir mit Arganöl zusagt, falls du es probierst!
Beste Grüße und gutes Gelingen,
Carmen
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Hallo Carmen, wieviel Vogelmiere nimmst du da für die 100ml Olivenöl? Bei deiner Salbenherstellung? Lg Gerda
Hallo Gerda!
Gehst leicht auch in Produktion an diesem sonnigen Tag? Da würd sich ein Warmauszug auch im Sonnenlicht anbieten ;-) Ein paar gute Hände voll, so genau nehm ich das nicht. Wenns angetrocknet ist, verlierts ohnehin an Volumen. Gut bedeckt vom Öl solls halt noch werden.
Gutes Gelingen!
Alles Liebe,
Carmen
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