Es ist nun die Zeit des Jahres, in der sich die Bäume wieder in ihre prachtvollen Kleider hüllen. Was für Nadelbäume die nun ganz weichen, hellgrünen Wipferl sind, bedeutet zarte Blätter und Knospen an sämtlichen Laubbäumen. Diese sind jetzt noch ganz fein und dünn. Achte doch mal darauf, wenn du durch einen Wald oder an einer Baumreihe vorbeispazierst – du wirst feststellen, wie lichtdurchlässig das Blätterdach momentan ist. Hell-, teils grellgrün, fast gelblich scheint die Sonne durch die jungen Blätter von Linde, Buche und Konsorten. Während wir auf die heilsamen Lindenblüten noch bis Juni warten müssen, können wir uns an ihrem Blattkleid laben.
Ja, richtig gelesen! Unter Blattsalat versteht man ja an und für sich die großen, grünen Blätter von Kopf- oder Häuptelsalat. Doch mit dieser kultivierten Form müssen wir uns nicht zufrieden geben. Jetzt, wo er im Freilandbeet ohnehin noch zu klein ist, bedient man sich am besten direkt am Lindenbaum. Die Rede ist also tatsächlich von Blattsalat aus den jungen Blättern der Linde. Kurz nach ihrer Entfaltung, jedenfalls aber vor der Blüte geerntet, sind sie ein schmackhafter Ersatz zum Gartensalat.
Beim Zubereiten von Wildkräutersalaten stellt sich oft die Frage, wie man die Kräuter kombiniert. Zu viel Löwenzahn ist bitter, zu viel Giersch überlädt mit mächtigem Geschmack, Taubnessel ebenso. Eine ausgewogene Kombination oder schlicht der Zusatz von Wildkräutern zu gewöhnlichem Salat kann die Lösung sein. Anders ergeht es uns mit der milden Linde. Ihre Blätter verfügen zwar über eine eigene, fruchtige Note, aber eine sehr zarte. Man kann sie demnach entweder zu Mischsalaten hinzufügen – oder aber einfach einen schmackhaften Lindensalat anstelle von herkömmlichem grünen Salat zubereiten.
Übrigens: Die Zeit der Verfügbarkeit zarter Lindenblätter ist begrenzt! Später im Jahr schmecken sie zwar genauso, sind aber weitaus härter und daher viel anstrengender zu kauen.
Ihr Name hat Berechtigung. Die Linde, der mächtige Baum, ist durchaus linde im Geschmack, von zartem Geruch und ruhiger Wirkung. Die Lindenblätter im Frühjahr erscheinen als Vorboten der großartigen, milden Heilwirkung von Lindenblüten. Dem Baum wird seit jeher eine tiefere Bedeutung nachgesagt, gilt sogar als heilig. An vielen öffentlichen Plätzen ist er zu finden. „Unter den Linden“ wurde gefeiert, gegessen, getrunken, gut gelebt.
„Am Brunnen vor dem Tore
da steht ein Lindenbaum:
ich träumt’ in seinem Schatten
so manchen süßen Traum.“Franz Schubert, Schubertlied, 1. Strophe
Die Verehrung dieser Pflanze mag wohl auch im Zusammenhang mit ihren tollen Wirkstoffen stehen. Gerbstoffe, ätherisches Öl und Flavonoide wirken gesundheitsfördernd. Wer im Frühsommer schon einmal unter einer Linde gestanden und den sanften, aber betörenden Duft ihrer Blüten vernommen hat, weiß von der beruhigenden Wirkung. Dafür verantwortlich ist der Duftstoff Farnesol – den man sich in unruhigen Zeiten als Einschlafhilfe in Form von Lindenblütentee zunutze machen kann. Dafür werden die gerade frisch erblühten Lindenblüten mitsamt dem Hochblatt, aus dem der Blütenstand ragt, geerntet und gewissenhaft getrocknet. Weil sich die Wirkstoffe der Linde rasch verflüchtigen, empfiehlt sich jährlich eine neue Ernte.
Der Tee aus Lindenblüten hilft aber nicht nur gegen Unruhe. In erster Linie schätzt man seine wärmende, schweißtreibende Wirkung. Ähnlich wie Holunderblüten heizen Lindenblüten dem Körper von Innen ordentlich ein – was so manche Erkältung austreibt, noch bevor sie richtig begonnen hat. Beim ersten Anzeichen vermag ein halber Liter Tee die Beschwerden zu lindern und durch das Schwitzen die Selbstheilung zu fördern.
Tee aus Lindenblättern unterstützt die Verdauung, eine Essenz aus Rinde, Blüten und Blättern darf ebenso als Einschlafhilfe oder bei depressiven Verstimmungen verwendet werden. Übermüdete Augen entspannt man mit einem Wattebausch voll Lindenblütenwasser. Gegen Verbrennungen, auch Sonnenbrand, und auf entzündete Hautstellen schmiert man Lindenblütenöl – und dies nur um einige der wichtigsten Einsatzbereiche des linden Baumes zu zeigen.
Finde deinen eigenen Zugang zur mächtigen und doch so bescheidenen Linde! Was hast du bereits aus Lindenblättern- und blüten gezaubert?
Ihr wollt am Laufenden bleiben?
E-Mail-Info bei jedem neuen Beitrag
© goodblog.at • 2017 • All rights reserved.