Vor ein paar Wochen gingen die Wogen auf sämtlichen Social-Media-Kanälen hoch. Bloggerin Essena O´Neill machte auf sich aufmerksam, indem sie mit ihrem bisherigen, mehrheitlich inszenzierten Internet-Dasein öffentlichkeitswirksam u.a. auf Instagram brach. Sie wolle sich nicht mehr verstellen, keine falschen Werte mehr an ihre oft jugendlichen Fans transportieren, so die 18-jährige. Mehr will ich hier davon auch gar nicht erzählen, die ganze Geschichte kann etwa hier im Kurier nachgelesen werden. Wozu ich aber schon Stellung beziehen möchte: zu Problemen, die keine sind.
Im Falle der jungen Bloggerin darf man kritisch sein und ihr geschicktes Outing eventuell schlicht als hochgradig PR-wirksam verbuchen. Ich zum Beispiel habe zuvor noch nie von ihr gehört (ich bin aber auch kein sehr versiertes Mitglieder der hiesigen Blogger-Szene ;-)) und die Dame hat durch ihren Schachzug angeblich noch viel mehr neue Follower gewonnen, als sich ihre alten schockiert von ihr abgewandt hätten. Was es sodann aber auf sämtlichen Plattformen zu lesen gab, war die generelle Forderung nach mehr Realität im Internet, genau genommen im Social Media. Nichts, was auf Instagram-Bildern zu sehen sei, entspräche der Wahrheit. Die meisten Geschichten werden beschönigt, nicht nur über Fotos werde ein verzerrender Filter gelegt. Tja, dann sollte doch mal damit begonnen werden, beim Fotografieren des wunderhübschen Mittagessens das angepatzte Kochgeschirr mit aufs Bild zu packen. Wer weiß, wie vielen Menschen damit geholfen werden könnte, wäre ihr Essen dank ausfallender Verschönerungsaktionen noch nicht erkaltet, wenn sie es schlussendlich zu Tisch schafften. Eine der erfolgreichsten deutsprachigen Bloggerinnen, Madeleine von Dariadaria, nahm sich das übrigens zum Anlass, eine Woche lang unter dem Motto #truthfullydariadaria ausschließlich authentische Bilder zu posten. Unaufgeräumt, erster Schnappschuss. Das Medienecho war groß. Und wieder diskutierten alle: Die einen frohlockten über endlich eingekehrte Realität im Internet. Die anderen witterten Heuchelei, weil sich diese neue Strömung eben gerade gut machte und man mit seiner Meinung dazugehören wollte. Nicht zuletzt die Blogger selbst waren es, die sich von den vielen kritischen Stimmen genervt und ob ihrer schönen Inhalte missverstanden fühlten. Immerhin wolle man doch nur zeigen, was schön ist und andere damit inspirieren.
Und hier kommen wir zu dem Punkt, den ich unbedingt mit euch teilen möchte. Ich fühle mich mit dem goodblog nur bedingt als Teil dieses Diskurses. Weder spreche ich euch als Süßies an, wie das einige BloggerkollegInnen gerne machen, noch halte ich euch gerne bezüglich meines tagesaktuellen Outfits am Laufenden. Ich zeige nur, was ich gut finde. Dabei möchte ich bestimmt nichts verurteilen – jedem das Seine, diese Möglichkeiten bietet uns das Internet. Während genannte Stereotypen große Zahlen an Mitlesenden haben, könnte ich so etwas von meiner Seite unmöglich posten, ohne mich vollkommen verkleidet zu fühlen. Schon gar nicht, um Follower einer Zielgruppe zu bekommen, die meine ja offenbar gar nicht ist. Viel lieber poste ich Bilder, Geschichten, manchmal Rezepte, die zeigen sollen, wie schön und einfach das Leben sein kann.
Ich sage nicht, dass alles gut ist. Ich werde mich hüten, in Zeiten der Unruhe, in der Ferne, wie auch direkt vor der Haustür unserer westlichen Zivilisation, irgendetwas zu beschönigen. Das war noch nie das Ziel des goodblogs. Was ich aber mit einer Vehemenz sagen und zeigen will, die ich mir bestimmt nicht nehmen lasse, ist das GUTE! Warum sind wir denn alle hier und dankbar für unser Leben, wenn doch eh alles schrecklich ist? Wenn wir uns nichts Gutes finden, ist es ja kein Wunder, wenn nur noch schlechte Stimmung herrscht. Da hilft auch ein frisch fotografiertes, unordentliches Schlafzimmer nicht. Darum werde ich weitermachen wie bisher und bestimmt einigen damit auf die Nerven gehen. Ich werde meinem Ermessen nach Schönes ablichten und Gutes erzählen. Ich werde Tipps geben, wie man aus wenig mehr machen kann und mich darüber freuen, auch von euch Anregungen zu erhalten. Denn eines ist sicher: Posten viele Menschen Bilder davon, wie schön etwas ist, ist es zumindest Teil unserer Realität. Der Herbst ist mir beispielsweise selten so farbenprächtig erschienen wie in diesem Jahr. Social Media, in diesem Fall Instagram, schärft auch in diese Richtung den Blick.
Die Wirklichkeit, die ich hier zeige, ist ebenfalls nur ein Teil der Realität. Und auch nur ein Auszug aus meiner ganzen Wahrnehmung. Natürlich zeige ich nicht, wie es bei mir aussieht, während ich zugunsten des siebenhundertsten Wanderausflugs das Aufräumen verschiebe. Aber ich poste das Bild vom Berg. Es geht dabei schlicht um Prioritäten und das, was ich zeigen möchte. Social Media kann den Fokus lenken. Und meiner Meinung nach ist es wichtig, dass nicht nur ich, sondern viele weitere BloggerInnen und andere Gestalter mit ihren guten Bildern und Geschichten inspirieren.
Übrigens: Sämtliche Bilder goodblogs sind weitgehend unbearbeitet. Ich zeige verschwitzte Haare und Lach-Doppelkinn, wenn ich das will. Maximal ein dezenter Filter von Instagram kann vorkommen, mehr freut mich nämlich beim besten Willen nicht. Ist ein Foto schirch, zeig ich es euch einfach nicht. Ich mag ja nur Gutes. ;-)
Schließlich und endlich möchte ich euch noch etwas zeigen. Alice Herz-Sommer, die 2014 mit 110 Jahren als eine der ältesten Holocaust-Überlebenden starb, führte zeitlebens viele wertvolle Interviews. In diesem hier erzählt sie im Alter von 108, was das Geheimnis eines glücklichen Lebens ist. Die Quintessenz: Life is beautiful! Wir sollen optimistisch sein und glücklich, schätzen und dankbar sein, dass wir am Leben sind. Die Welt hat ihr eine bewegte Geschichte, aber schier grenzenlosen Optimismus gegeben – und das Internet :-) Bitte lauscht den weisen Worten dieser wunderbaren Frau. Vielleicht hilft das ein wenig, sich nicht von Unwesentlichem aufhalten zu lassen und zufrieden zu werden. Alles Gute!
Ihr wollt am Laufenden bleiben?
E-Mail-Info bei jedem neuen Beitrag
© goodblog.at • 2017 • All rights reserved.